Stuttgart Wunderbar taktloser Tontrampel

Von Patricia Fleischmann
Antje Rietz als Florence Foster Jenkins. Foto: Tobias Metz

Mangelnde Sangeskunst gehört zum Konzept bei „Glorious“ in der Komödie im Marquardt. In dem Stück wird das Leben von Florence Foster Jenkins nacherzählt, die vor allem wegen ihres gesanglichen Unvermögens zu Ruhm kam. Warum das Stück trotz vieler Dissonanzen einen Besuch wert ist.

Als Legende galt die selbst ernannte Sopranistin Florence Foster Jenkins im New York der 30er- und 40er-Jahre. Nicht wegen ihres Könnens, sondern gerade wegen ihres Nicht-Könnens. Weltweiten Ruhm erreichte die „Königin der Dissonanzen“ posthum durch eine Verfilmung mit Meryl Streep und durch Peter Quilters Stück „Glorious“. Nun ist ihre einzigartige Karriere in der Komödie im Marquardt nachzuerleben.

Mit Antje Rietz und Peter Lewys Preston hat Regisseur Frank-Lorenz Engel ein Traumpaar für sein Bühnenduo gefunden. Herrlich, wie Prestons Pianisten Cosme schon bei der ersten Probe die Gesichtszüge entgleiten, als Rietz‘ Florence zwar voller Inbrunst, dafür aber umso schräger Töne produziert. „Ich muss mich nie einsingen“, behauptet die reiche Erbin, um dann eine Königin der Nacht herzuschmettern, dass jeder Katzenjammer dagegen als pure Harmonie durchginge. Auch rhythmisch liegt die „First Lady der gleitenden Tonleiter“ meist daneben. Von ihren wirklich schrägen Kostümen ganz zu schweigen.

Schnell spaltet sich Florence‘ meist handverlesenes Publikum in zwei Lager: Solche, die sie einfach anlügen. Die Lacher kämen von Freunden ihrer Konkurrenz und hätten nichts mit ihrer gelungenen Darbietung zu tun. Und jene, die sich wie Cosme in doppeldeutige Äußerungen flüchten.

An künstlerischem Talent mag es Jenkins gemangelt haben, vielleicht war ihr Unvermögen auch krankheitsbedingt durch eine Syphilis, die ihr erster Mann ihr übertragen hat. Doch die „Laune der Natur“ hat sie dafür mit einer extra Portion Selbstbewusstsein ausgestattet.

Eine Wohltat im Marquardt, als Antje Rietz („Spatz und Engel“, „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“) endlich ein schönes, ehrlich harmonisches „Ave Maria“ anstimmen darf.

 
 
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