Tripsdrill Cleebronn Rettung aus 30 Metern Höhe

Von Helena Hadzic
Ein Feuerwehrmann der Höhenrettung Stuttgart rettet einen „Patienten“ von der 30 Meter hohen Achterbahn „Mammut“. Foto: /Martin Kalb

Im Erlebnispark Tripsdrill hat die Höhenrettung der Feuerwehr Stuttgart den Ernstfall nachgespielt: Ziel einer solchen Trainingseinheit ist es, besser vorbereitet zu sein.

Gespannt stehen Tripdrill-Mitarbeiter und die Männer von der Höhenrettung der Berufsfeuerwehr Stuttgart vor einer Achterbahn im Cleebronner Erlebnispark. Sie warten. Denn hoch oben auf der „G’sengten Sau“ sind weitere Feuerwehrmänner der Höhenrettung, wieder weitere auf der Holzachterbahn „Mammut“. Sie alle wollen in diesem Fall jedoch nicht retten, sondern vielmehr gerettet werden. Der Pilot startet den Motor – der Hubschrauber der Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg auf der Wiese vor der “G’sengten Sau“ setzt sich in Bewegung, die Flügel des Luftfahrzeugs beginnen sich wie wild zu drehen. Der Wind bläst den Zuschauern eisig ins Gesicht: Gegen 10.30 Uhr beginnt die Rettungsaktion aus 30 Metern Höhe.

Doch was hat es zu bedeuten, dass an diesem Montagvormittag Feuerwehrmänner selbst gerettet werden müssen? „Wir führen einen Objekttag durch. Das bedeutet, dass wir einen möglichen Notfall trainieren und üben, in diesem Fall an den Achterbahnen im Erlebnispark Tripsdrill“, sagt Edin Corak, Mitglied der Höhenrettungs-Truppe. Nicht, dass es einen solchen Fall schon einmal im Erlebnispark gegeben hätte, betont Britta Dirrler, Pressesprecherin vom Tripsdrill, der Cleebronner Erlebnispark sei bisher verschont geblieben. „Dennoch sind solche Übungen wichtig, um im Ernstfall gewappnet zu sein“, findet sie.

Im Anflug auf Höhen und Tiefen

Wann aber kommt überhaupt die Höhenrettung zum Einsatz? Ein möglicher Notfall könnte beispielsweise der Ausfall einer Achterbahn sein, diverse Notfälle auf Baustellen oder in Schächten, im Grunde also „alles was mit Höhe und Tiefe zu tun hat“, erklärt Corak. Gelegentlich kommen auch Adipositas-Fälle vor – konkret heißt das, dass die Höhenrettung dabei hilft, übergewichtige Personen zu befreien, wenn diese irgendwo stecken bleiben. „Der Beruf ist wirklich spannend und vielfältig“, betont der 42-Jährige, der ursprünglich aus Bosnien-Herzegovina kommt und seit 2011 bei der Höhenrettung ist.

Etwa fünf Objekttage führen die Männer in Rot jährlich durch, insgesamt 72 Stunden muss die Höhenrettung vorweisen können, um einsatzbefähigt zu sein. Jeden Dienstag gibt es zudem eine hauseigene Trainingseinheit. Die Übung im Tripsdrill wird an diesem Montag von insgesamt 14 Männern durchgeführt, die abwechselnd in verschiedene Rollen schlüpfen. Mal als Retter, mal als „Patient“, wie Corak erklärt. Mit an Bord sind dabei unter anderem sechs sogenannte „Air Rescue Specialists“, die eine Zusatzqualifikation im Bereich Wasserrettung haben. Dazu kommen Piloten und „Winch-Operator“, welche im Hubschrauber dem Piloten mit ihrem Blickfeld zur Seite stehen, wenn der Pilot beim Anflug an die Achterbahn unter sich nichts mehr sieht.

Apropos Anflug, bevor die erste Achterbahn in Cleebronn angeflogen wird, macht der Pilot noch einmal einen kompletten „Turn“. Das heißt, der Hubschrauber dreht eine Runde, um sich eine Übersicht über die Lage zu verschaffen. Auf die Weise kann er abschätzen, wie das entsprechende Objekt am besten zu erreichen ist. Danach geht es an die Rettungsaktion.

Ein Höhenretter hakt sich über den flatternden Gräsern am heruntergeworfenen Seil ein. Der Hubschrauber fliegt nun die „G’sengte Sau“ an, auf welcher oben in der Höhe sowohl Höhenretter als „Patienten“, als auch „Dummies“ warten, um wieder sicher zu Boden gebracht zu werden. Der hängende Retter trägt dabei eine Schutzbrille, damit ihm nichts ins Auge fliegt. Ob man als Retter dabei nicht durch den starken Wind des Hubschraubers hin und her geschleudert wird? Nein, meint Corak, am unteren Teil des Seils gebe es einen Stabilisator.

In der Luft hängen

Wie Spiderman hing auch Corak selbst schon einige Male in der Luft am Seil. „Ein unglaubliches Gefühl, so in die Höhe zu steigen. Sobald man abhebt, zählt aber nur die Rettung des Patienten, man ist komplett fokussiert“, so Corak.

Was dabei unerlässlich ist, ist das Vertrauen in die Feuerwehrkollegen. „Man muss sich aufeinander verlassen können“, betont er. Auch komme es in der Höhenrettung auf Empathie an, denn es komme auch vor, dass ein „Patient“ Höhenangst hat. Da hilft es, der betroffenen Person klar und deutlich zu sagen, was man macht und was als nächstes folgt. Das beruhige in der Regel, so Corak.

Etwas, das im Tripsdrill weder bei den „Patienten“ von der Höhenrettung nötig ist, noch bei den stummen Dummies. Der Pilot fliegt die „G’sengte Sau“ an, und bleibt wenige Meter über der Achterbahn in der Luft stehen. Der Retter lässt sich auf die Achterbahn-Fahrbahn herab, hakt den Patienten frontal gegenüber ein und legt dessen Beine über seinen eigenen Oberschenkel. Etwa zwei Minuten dauert das Ganze, dann fliegt der Hubschrauber zurück auf die Wiese und der Patient kann gegebenenfalls, wenn es der Ernstfall erfordert, medizinisch versorgt werden.

Übrigens: Alle Männer der Höhenrettung haben eine notfallmedizinische Qualifikation. „Als Notfall-Sanintäter können wir die Patienten vor Ort direkt versorgen und erste Hilfe leisten“, sagt Corak. Der Rettungsvorgang wird an diesem Montag im Übrigen 60 Mal wiederholt. Ob Höhenretter Corak mit seinen Kollegen zufrieden ist? „Die Männer machen alles richtig, die Abläufe laufen reibungslos“, meint er.

Wenig verwunderlich, wo doch die Feuerwehrmänner im Vorfeld „gebrieft“ und der Ablauf besprochen wurde. Ob es nicht kontraproduktiv ist, eine Notfall-Übung durchzuführen, wenn alle bereits wissen, was wann und wo getan werden muss? „Nein. Wenn die Abläufe sitzen, kann man leichter auf mögliche Eventualitäten reagieren“, findet er. Die Dummies und Kollegen jedenfalls sind zum Schluss wieder gesund und munter auf dem Boden gelandet.

 
 
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