Windkraft im Kreis Ludwigsburg Neue Windräder wohl erst 2028

Von John Patrick Mikisch
Die Akzeptanz von Windenergieanlagen, wie hier in Ingersheim, sei laut Brösamle grundsätzlich hoch. Die meisten sehen die Notwendigkeit, sich von fossilen Energien zu verabschieden. Foto: /Martin Kalb

Dr. Hartmut Brösamle, Geschäftsführer der Wpd AG, die Windparks entwickelt und betreibt, wirbt für Transparenz bei den Windkraft-Planungen von Anfang an. Im BZ-Interview spricht er außerdem von rasanten Entwicklungen, einem harten Preiskampf und wie realistisch das 1,8-Prozent-Ziel für Baden-Württemberg ist.

Die Region Stuttgart hat ihre Windenergieplanungen vor ein paar Wochen vorgestellt. Die BZ fragte den Geschäftsführer von Wpd Bietigheim-Bissingen, Dr. Hartmut Brösamle, welche Bedeutung die Pläne nun für den Landkreis Ludwigsburg haben. Wpd plant und betreibt Wind- und Solarprojekte und ist ein weltweit agierender Entwickler und Betreiber von Windparks an Land sowie von Solarprojekten.

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden. Bereits bis 2030 ist das Ziel, mindestens 80 Prozent des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien, vor allem aus Wind- und Solarenergie, zu decken. Und selbst dieses Ziel ist zu niedrig, um den Temperaturanstieg durch den Klimawandel auf unter zwei Grad zu begrenzen. Es kann deshalb nicht um ein Entweder-oder gehen. Wir brauchen beides: einen zügigen Ausbau von Windenergie und Photovoltaik.

Natürlich sind die Erträge von Windenergieanlagen im Norden höher als hier in unserer Region. Aber der Strom wird überwiegend im Westen und Süden von Deutschland benötigt. Und es gibt einerseits zu wenig Leitungen von Norden nach Süden und andererseits können wir schon aus Gründen der Gerechtigkeit Windparks nicht ausschließlich in den windstarken Regionen Deutschlands errichten.

Wie sieht es mit der Rendite aus?

Aufgrund gestiegener Investitionskosten und gestiegener Zinsen ist die Rendite von Projekten in windschwächeren Regionen aktuell in der Tat sehr niedrig. Aber wir gehen davon aus, dass die Rahmenbedingungen notfalls angepasst werden müssen, um auch hier Projekte wirtschaftlich umsetzen zu können. Sie können sich zudem sicher sein, dass kein Investor und keine Bank in ein unwirtschaftliches Projekt investiert. Ich weiß nicht, warum sich immer so viele Bürgerinnen und Bürger Gedanken um die Wirtschaftlichkeit von Windprojekten machen, letztendlich trägt das Risiko ja der Betreiber.

Wie wahrscheinlich ist es, dass am Ende wirklich auf 1,8 Prozent der Fläche Windräder stehen?

Die aktuelle Gesetzgebung hat den Wert von 1,8 Prozent der Fläche als Zielwert für Baden-Württemberg gesetzt. Aufgabe der Regionalplanungen ist es nun, in entsprechendem Umfang geeignete Flächen auszuweisen. Gelingt dies nicht, dürfen am Ende Windenergieanlagen überall gebaut werden. Das kann niemand ernsthaft wollen. Von daher gehe ich davon aus, dass in den kommenden zehn Jahren tatsächlich Windenergieanlagen auf 1,8 Prozent der Fläche von Baden-Württemberg entstehen werden.

Baden-Württemberg hat mit dem Zielwert von 1,8 Prozent übrigens gemeinsam mit Bayern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland den niedrigsten Zielwert. Andere Bundesländer müssen bis zu 2,2 Prozent der Fläche für die Windenergie ausweisen.

Wie lange wird es nach Ihrer Einschätzung dauern, bis sich die ersten neuen Rotoren hier drehen?

Realistisch sind Planungszeiten von mindestens ein bis zwei Jahren, Genehmigungszeiten von mindestens einem Jahr und Bestellfristen von über einem Jahr für die Windenergieanlagen.

Bei größeren Projekten benötigt man noch ein Umspannwerk, das aktuell bis zu zwei Jahre Bestellfrist hat. Der eigentliche Bau eines Projektes geht dann sehr schnell. Dafür reichen je nach Größe sechs bis zehn Monate. Neue Rotoren dürften sich also frühestens 2027 drehen. Dann muss aber alles optimal laufen. Wahrscheinlicher ist wohl 2028.

Wo geht die technische Entwicklung hin; werden die Windräder noch größer oder vielleicht doch wieder kleiner?

Die Entwicklung in den vergangenen Jahren war rasant. Inzwischen sehen wir mehr und mehr Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von 250 Metern bis zur Rotorblattspitze. Aktuell befinden sich die Hersteller allerdings eher in einer Konsolidierungsphase.

Neue noch höhere Anlagen sind nicht zu erwarten. Kleiner werden die Anlagen aber auch nicht werden. Denn gerade hier im Binnenland benötigen wir diese hohen Anlagen, um die Luftschichten mit höheren Windgeschwindigkeiten zu erreichen.

Wie hat sich die Akzeptanz von Windenergieanlagen nach Ihren Erfahrungen entwickelt?

Die Akzeptanz von Windenergieanlagen ist grundsätzlich sehr hoch. Der ganz überwiegende Teil der Bevölkerung sieht die Notwendigkeit, dass wir uns schnellstmöglich von fossilen Energien verabschieden und auf Wind und Sonne setzen. Meist sinkt die Akzeptanz in betroffenen Gemeinden zunächst, sobald konkrete Planungen bekannt werden.

Wenn die Anlagen dann am Netz sind, merken viele Kritiker, dass ihre Befürchtungen nicht eingetreten sind und die Akzeptanz steigt wieder.

Welche Mittel wären geeignet, um die Akzeptanz von Windkraftanlagen zu erhöhen?

Entscheidend für eine hohe Akzeptanz ist, dass alle Entscheidungsträger und Bürgerinnen und Bürger vor Ort von Anfang an in die konkreten Planungen eingebunden sind und offen und ehrlich kommuniziert wird. Transparenz ist hier enorm wichtig.

Finanzielle Beteiligungsmodelle sind ein weiterer Baustein für die Akzeptanz. Allerdings haben sie den Nachteil, dass sich nur der Teil der Bevölkerung mit entsprechender Finanzkraft beteiligen kann. Wir präferieren deshalb direkte Zahlungen an die Gemeinde. Denn diese Zahlungen kommen am Ende allen zugute.

Trotz staatlicher Vorgaben und Förderungen stecken führende Produzenten von Windanlagen in Schwierigkeiten. Woran liegt das?

Die Hersteller von Windenergieanlagen haben in den letzten Jahren mit massiven Schwierigkeiten gekämpft. Die Aktienkurse zeigen das ja deutlich. Neben einem harten Preiskampf und stark gestiegenen Komponentenpreisen waren auch hausgemachte technische Probleme Ursache für hohe nicht eingeplante Kosten.

 
 
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