Löchgau Löchgauer Musiker feiern ihr 100-jähriges Bestehen

Von Helena Hadzic
In der Gemeindehalle: Stefanie Jerems hat als erste Frau in der Vereinsgeschichte im Jahr 2018 den Vorsitz des Musikvereins übernommen. Foto: /Martin Kalb

Die Vorsitzende des Musikvereins, Stefanie Jerems, lässt zum runden Geburtstag die bewegte Vereinsgeschichte Revue passieren.

Die Geschichte des Musikvereins Löchgau reicht bis ins Jahr 1908 zurück – denn bereits damals gab es in der Gemeinde eine Musikkapelle, das belegen alte Schriftstücke. Allerdings sollte es noch weitere 16 Jahre dauern, bis aus der Musikkapelle ein Verein werden sollte. Am 1. August 1924 ist es dann soweit: Im Gasthaus Sonne, wo sich heute der Norma befindet, wird der Musikverein Löchgau gegründet, damals unter dem Vorsitzenden Fritz Gauger.

Mit zehn aktiven und 50 fördernden Mitgliedern – seinerzeit alles Männer – wird hier der Meilenstein für eine 100-jährige Geschichte gelegt. „In den 20er-Jahren war es sehr modern, Vereine zu gründen, und so auch in Löchgau. Man wollte sich nach dem ersten Weltkrieg damit eine gewisse Autonomie erarbeiten“, vermutet die heutige Vorsitzende Stefanie Jerems.

Für die BZ hat sie zum runden Geburtstag im kommenden Jahr einen Blick auf die Vereinsgeschichte geworfen.

Das Vereinsleben ruhte

„Eigentlich schon damals sehr innovativ und zukunftsorientiert“, meint Jerems. Bald darauf, genauer 1928, wurde die Vereinshalle eingeweiht, die vom Musikverein sowie vom Gesangs- und Turnverein als gemeinsames Eigentum genutzt wurde.

Auch Instrumente wurden finanziert und eigene Uniformen angeschafft, sodass sich der Verein von Jahr zu Jahr stärker aufstellen konnte. 1932 wurde Alfred Knies zum Vorsitzenden gewählt, ein Jahr später sollte der Musikverein nach der Machtergreifung der NSDAP für Propagandazwecke instrumentalisiert werden, und viele der Musiker wurden zum Wehrdienst einberufen, sodass das Vereinsleben erst einmal ruhte. „Ende der 50-Jahre ist dann auch der letzte, nämlich Herrmann Trinkner, aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt und der Verein ist wieder ins Laufen gekommen“, erzählt Jerems.

In diesen Jahren werden allerlei Dinge ausprobiert, so zum Beispiel, Streicher zu etablieren. „Das war aber vielmehr so eine Eintagsfliege, wir waren schon immer eher auf Blasmusik eingestellt“, meint Jerems und lacht.

Um 1955 kam es das erste Mal zu einem Auftritt der Jugendkapelle unter der Leitung von Hans Mader. Innovativ war, dass die ersten zwei Frauen bereits 1964 in das Orchester aufgenommen wurden. „Vergleichsweise also relativ früh“, fügt sie hinzu, bei den meisten Orchestern sei eine Aufnahme erst um 1969 erfolgt.

Etwa neun Jahre später schrieb sich der Musikverein in die Geschichte des Löchgauer Hasenropferfests ein – und beteiligte sich an der ersten Ausrichtung des Traditionsfests. Ende der 80er-Jahre wird die Vereinshalle, die bis dahin immer noch Eigentum des Musik-, Gesangs- und Turn- und Sportvereins war, an die Gemeinde Löchgau als Schenkung übergeben – um diese für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen. Heute ist die Halle als Gemeindehalle Löchgau bekannt, wo die Musiker noch immer proben. Im Jahr 1994 kommt es bei der Jungmusikerausbildung zu einer Kooperation mit der Musikschule Bietigheim-Bissingen, ein Jahr zuvor übernahm Dirigentin Andrea Högler das Jugendorchester. „Sie fängt die Musiker auf, zieht sie mit und pflegt persönlichen Kontakt, es ist wirklich toll, sie dabei zu haben“, sagt Jerems. Bald darauf betreute Högler auch die Youngsters, die im Jahr 2002 gegründet wurden.

In dieser Zeit sitzt Jerems, die ursprünglich aus Niedersachsen kommt, des Öfteren auf ihrer Terrasse in Richtung der Gemeindehalle in der Riedstraße und lauscht den Proben des Musikvereins. „Ich fand das unglaublich spannend, aus dem Norden kannte ich so eine Vereinskultur in diesem Ausmaß nicht“, erinnert sie sich. Im Jahr 1998 zog sie mit ihrem Mann erst nach Sachsenheim, bevor sie 2001 nach Löchgau kam und dort ihre neue Heimat fand.

Mit der Trompete in die Szene

Nachdem Jerems den damaligen Dirigenten Ralf Janßen auf dem Weißenhoffest angesprochen hatte, stieß sie mit ihrer Trompete 2002 hinzu, und wurde schnell zur Sprecherin der aktiven Musiker ernannt. 2006 übernahm sie die Jugendteamleitung bis 2018. „Als dreifache Mutter war ich in dem Team sehr gut aufgehoben, es war eine tolle Zeit.“

2008 kam es unter dem Vorsitzenden Horst Franke zur ersten Bläserklasse für Grundschüler im Rahmen des Unterrichts unter Dirigentin Högler – durch eine Kooperation zwischen dem Musikverein, der Jakob-Löffler-Schule und der Musikschule Bietigheim-Bissingen. Darin sieht Jerems übrigens einen Grund, warum es im Musikverein vergleichsweise wenig Probleme mit Nachwuchs gibt. „Die Schüler lernen auf die Weise schon früh, was es heißt, im Ensemble zu spielen, aufeinander zu hören und miteinander zu spielen, viele bleiben dann auch dabei und kommen im Übergang zu den Youngsters“, so die Vorsitzende. Nach der Gründung habe es zeitweise sogar eine Übergangsquote von 100 Prozent gegeben, auch habe es durchgehend eine Bläserklasse gegeben, selbst während der Corona-Pandemie.

Heute gibt es fünf Gruppen im Musikverein – die Bläserklassen für die dritte und vierte Klasse, die Youngsters, das Jugendorchester und das Blasorchester. Stärkste Gruppe sei allerdings das Jugendorchester mit knapp 50 Mitgliedern, insgesamt bringe es der Verein auf etwa 300 Mitglieder, erzählt die Vorsitzende.

Apropos, 2018 übernahm Jerems als erste Frau den Vorsitz des Musikvereins und im selben Jahr wurde Högler auch Dirigentin des Blasorchesters.

Jubiläumskonzert ist geplant

Für den 21. Januar nächsten Jahres ist ein Jubiläumskonzert in der Gemeindehalle geplant. „Da wird Musik aus den letzten 100 Jahren gespielt“, sagt die Vorsitzende mit Vorfreude. Zu diesem Anlass wird auch Bürgermeister Robert Feil erscheinen, und die Bühne „wird voller Musikerinnen und Musiker sein“, kündigt die 1. Vorsitzende Stefanie Jerems lachend an.

 
 
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