Bauern-Serie in Bönnigheim Landwirtschaft in einer spannenden Zeit

Von Jürgen Kunz
Die 33-jährige Christine Bayha leitet seit 2023 in dritter Generation den landwirtschaftlichen Betrieb, den sie von ihren Eltern Marianne und Gerhard Bayha übernommen hat. Foto: /Oliver Bürkle

Christine Bayha ist die Chefin des Bönnigheimer Hofguts Bellevue. Die BZ begleitet die 33-Jährige ein Jahr und berichtet von ihrer beruflichen Leidenschaft, den Aufgaben und Herausforderungen. 

Man sieht Bauern zu den unterschiedlichsten Tageszeiten auf ihren Traktoren, man streift im Sommer gerne entlang ihrer Felder und man hat natürlich gerne ihre Produkte auf dem Teller. Doch wie sieht eigentlich der Alltag einer Vollerwerbsbäuerin aus, was muss sie von Januar bis Dezember leisten, damit wir die von ihr angebauten Kartoffeln, Zwiebeln oder Knoblauch, aber auch die Produkte aus Winterweizen und Braugerste genießen können? In diesem Jahr begleitet die BZ die 33-jährige Christine Bayha bei ihrer Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb ihres Hofguts Bellevue in Bönnigheim – analog zur letztjährigen Wengerter-Serie mit dem Erligheimer Jörg Reichert.

„Nach dem Abitur war klar, dass ich das machen will“, sagt Christine Bayha im Gespräch mit der BZ, und man spürt, sie ist sich ihrer Verantwortung für den landwirtschaftlichen Betrieb bewusst, der seit drei Generationen von ihrer Familie betrieben wird. 1918 hatte ihr Urgroßvater Richard das Hofgut Bellevue gekauft und zunächst verpachtet. Ihr Großvater Walter hat 1951 begonnen das bäuerliche Anwesen zu bewirtschaften, 1988 hat ihr Vater Gerhard den Betrieb übernommen. Die heute 33-Jährige arbeitet seit 2015 mit, bis sie dann im vergangenen Jahr Chefin wurde. Der Reiz dieses Berufs? „Die Abwechselung zwischen Büro und arbeiten im Freien – und, dass man sein eigener Chef ist“, betont Christine Bayha. Es sei zudem jedes Jahr spannend, was aus dem Ausgesäten und Gepflanzten entstehe.

Neben Winterweizen und Braugerste werden auf 30 Hektar Kartoffeln und auf etwa 21 Hektar Zuckerrüben angebaut. Vor rund 30 Jahrzehnten hat sich die Familie Bayha auf einer Fläche von rund 30 Hektar auf Zwiebeln und Knoblauch spezialisiert. Nachdem vor drei Jahren die Schweinemast aufgegeben wurde, gibt es nur noch einige Legehennen auf dem Hof, deren Eier, wie auch die Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch am Selbstbedienungsstand und im kleinen Hofladen verkauft werden. Neben dem Direktverkauf werden die Produkte über den Groß- und Einzelhandel vertrieben. „Unsere Betriebsstrukturen sind im Vergleich schon eher kleiner, da muss man sich seine Nischen suchen“, erklärt die 33-Jährige.

Im Januar steht die Maschinenpflege und die -wartung im Mittelpunkt, und natürlich viele Fortbildungen sowie Seminare, mit Pflichtveranstaltungen zum Beispiel im Pflanzenschutz. „Der Aufwand dafür ist sehr individuell, bei mir sind es insgesamt mindesten 14 Tage im Jahr“, sagt Bayha. Mitte Februar gehe es dann wieder aufs Feld. Dennoch, man könne nicht wirklich von „einer ruhigen Zeit“ sprechen. Mit sortieren, aufbereiten und verpacken für die Direktvermarktung habe man das ganze Jahr etwas zu tun: „Das läuft einfach jeden Tag.“

„Die Landwirtschaft ist eine spannende Zeit, mit der Frage, unter welchen politischen Rahmenbedingungen man diese noch betreiben kann“, zeigt sich Christine Bayha nachdenklich. Sie wünscht sich, „dass man weniger durch Fristen beziehungsweise die Bürokratie“ eingeschränkt wird und sie betont ihre Leidenschaft: „Man kann keine Landwirtschaft betreiben, ohne ein ,Überzeugungstäter’ zu sein.“

Natürlich kommt das Gespräch auch auf die aktuellen, bundesweiten Proteste der Bauern. Die Abschaffung des Agrardiesels und Kfz-Steuerbefreiung waren für Bayha nur der sprichwörtliche „Tropfen, der das Fass zum Überlaufen“ gebracht habe: „Es liegt viel mehr im Argen. Es geht gegen zu viel Bürokratie, die nicht der landwirtschaftlichen Praxis entspricht.“ Die 33-Jährige nennt nur ein Bespiel: So ist es nach den Vorschriften von EU und Bund bis zum 15. Januar nicht erlaubt, die Gründüngung in den Boden einzuarbeiten. Diese muss bis zu diesem Datum auf dem Feld stehen. Wenn es also am 14. Januar vom Wetter und den Bodenbedingungen ideal wäre, dürfe man nichts tun und man habe dann Schwierigkeiten, wenn es am 16. Januar stark regnet. „Gerade in diesem nassen Jahr hat sich gezeigt, dass sich die Natur nicht an Fristen hält“, so Bayha.

Auch die Vorschrift, dass ein bäuerliche Betrieb jährlich vier Prozent seiner Ackerfläche stilllegen muss, um „die ökologische Vielfalt zu stärken“, wie es heißt, sei eine außergewöhnliche Belastung. „Bis 2023 konnte man diese Flächen durch andere Maßnahmen, wie etwa eine Gründüngung, ersetzten. Jetzt darf diese Fläche nicht mehr für die Lebensmittelproduktion genützt werden“, erklärt Bayha.

Hinzu kommen, dass die Standards für die Landwirtschaft in Deutschland die höchsten in der EU seien. Bayha: „Aber wir müssen beispielsweise an der Kasse mit Produkten aus Europa konkurrieren, die unter anderen Bedingung, wie etwa einem geringeren Mindestlohn, produziert werden.“

 
 
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