Bietigheimer Wohnbau Pilotprojekt auf ehemaligem Industrieareal

Von Heidi Vogelhuber
Der neue Firmensitz der Bietigheimer Wohnbau (BW) am Lothar-Späth-Carré soll laut Unternehmen ganz auf Nachhaltigkeit setzen. Neben umweltfreundlichen Materialien stehe die Arbeits- und Aufenthaltsqualität der Mitarbeiter im Mittelpunkt. Blick von der B 27 aus. Foto: /Martin Kalb

Im Lothar-Späth-Carré in Bietigheim-Bissingen entsteht der neue Firmensitz der Bietigheimer Wohnbau. Nachhaltigkeit und Aufenthaltsqualität stehen laut Unternehmen im Fokus beim Bau der neuen Firmenzentrale, dem BW Green Building. 

Ein Stück rote Backsteinwand und vereinzelte Gebäudereste erinnern noch an das, was einst an der Ecke Stuttgarter-/Freiberger Straße war. Ab 1942 produzierte hier die Spezial-Werkzeugfabrik (SWF) unter anderem Scheibenwischer für die Automobilindustrie. SWF wurde 1999 von Valeo übernommen. Die industrielle Produktion ist längst Vergangenheit. 2012 wurden die meisten Firmengebäude abgerissen, seitdem ist auf dem Gelände – mittlerweile Lothar-Späth-Carré – Baustelle. Wohnungen entstehen durch Strenger und der Bietigheimer Wohnbau (BW).

Pilotprojekt der BW

Das Eckgelände jedoch, das bebaut die BW mit ihrem „Pilotprojekt für nachhaltiges Bauen“, wie das Unternehmen selbst sagt. Hier entsteht der neue Firmensitz, das BW Green Building (Grünes Gebäude). Der Rohbau der zwei Untergeschosse ist bereits fertiggestellt, mit dem Erdgeschoss wird aktuell begonnen. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Gebäude 2025 bezugsfertig sein.

Das Unternehmen aus Bietigheim strebt mit dem Bürokomplex die CO2-Neutralität an, wie es sagt. Dabei setze es auf umweltfreundliche Materialien, wie CO2-reduzierten Beton aus der Region, und spare beim Bau Energie ein, indem etwa auf verputzte Oberflächen verzichtet wird. Das Gebäude soll darüber hinaus „ein ökologisch-multifunktionales Kraftwerk“ sein, das Strom und Sauerstoff produziert, Wasser klärt und wiederverwendet, CO2 bindet und zur Luftreinhaltung und Biodiversität in der Stadt beiträgt.

Erreichen möchte die BW das durch eine effiziente Wärmedämmung, aber auch eine Begrünung von Dach und Fassade. Die Heizungs- und Kühlungsanlage wird automatisch und effizient gesteuert, Wärme soll das Gebäude aus dem städtischen Fernwärmenetz beziehen. Deckensegel und Wärmerückgewinnung sollen die Wirksamkeit optimieren. Strom wird über große Photovoltaikflächen auf dem Dach und an der Fassade produziert. Dieser Strom wird auch für die E-Ladestationen für Autos und E-Bikes genutzt.

Auch auf Wassersparen wird geachtet: „Fäkalienfreie Abwässer werden in einer Pflanzenkläranlage mit mehrstufigem Vertikalfilter geklärt und zusammen mit Regenwasser zur Bewässerung der begrünten Fassade genutzt“, erklärt die BW-Sprecherin Sabrina Peer und weiter: „Unserer Kenntnis nach ist das die erste innerstädtische Pflanzenkläranlage.“ Die Begrünung von Dach und Fassade soll der Versiegelung entgegenwirken. Gießen muss die Pflanzen keiner.

Automatisierte Bewässerung

„Wir haben eine automatische Bewässerung der rund 8000 Stauden und Gräser und fast 30 000 Zwiebelpflanzen sowie über 150 Zwerg- und Kleingehölze mit selbst geklärtem Abwasser in Zusammenhang mit einer mit 60 000 Liter Zisterne“, so Peer. Die automatische Bewässerung werde in Abhängigkeit von der Wettervorhersage intelligent gesteuert. Die Pflanzen wurden je nach Ausrichtung der Fassadenseite ausgesucht.

Das Firmengebäude könnte auch künftige Projekte der BW beeinflussen. Die BW werde „aus der Summe der Maßnahmen Erfahrungen sammeln und effiziente Einzelmaßnahmen an neuen Bauvorhaben anwenden, hier jedoch auch die Baukosten im Auge behalten.“ Denn mit 39 Millionen Euro ist der neue Firmensitz kein Schnäppchen.

Ob denn überhaupt so viel Bürofläche benötigt wird in Zeiten von mobilem Arbeiten? „Natürlich haben die Mitarbeiter bei uns die Möglichkeit für Homeoffice / mobiles Arbeiten, was aber nur von einem kleinen Teil in Anspruch genommen wird“, sagt Peer. Der persönliche Austausch sei vielen wichtig. Bei der Konzeption des Gebäudes sei die BW auf die Wünsche der Mitarbeiter eingegangen. „Daher gibt es keine Open-Space oder Großraumlösungen, sondern nach heutigem Konzept zugeordnete Einzelbüros in Verbindung mit großen, offenen Kommunikationsbereichen, Begegnungsecken, eine offene Atmosphäre.“ Die einzelnen Ebenen seien aber auch modular teilbar, sodass Untervermietungen von Teilbereichen möglich seien, „wenn sich herausstellt, dass der Platz nicht benötigt wird.“

Was mit dem bisherigen Firmensitz in der Berliner Straße passiert, sei noch nicht klar, „hier laufen die Überlegungen für eine Nachnutzung“, sagt Peer.

Daten, Zahlen Fakten rund um’s Green Building der Bietigheimer Wohnbau

Das Green Building der Bietigheimer Wohnbau erstreckt sich über sechs Geschosse mit einem umbauten Raum von circa 30000 Kubikmetern, auf einem etwa 4000 Quadratmeter großen Grundstück.

 
 
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